September - Die Sieben Schmerzen Mariens

 

September,
Monat der Sieben Schmerzen Mariens



Seven Sorrows Polyptych, Albrecht Dürer


Liebe Leserinnen und Leser,

das Leben Jesu Christi durch die Augen seiner Mutter Maria zu betrachten, ist eine feste Praxis und ein wichtiger Bestandteil katholischer Spiritualität. So bietet sich für Katholikinnen und Katholiken mit Hang zur marianischen Frömmigkeit nicht nur der Rosenkranz an, sondern auch die Andacht zu den Sieben Schmerzen Mariens als kontemplative Meditation.

Besonders wertvoll ist dieses Motiv für Mütter, die in Sorge um ihre Kinder sind. Durch die marianische Betrachtung finden sie eine hoffnungsstiftende Grundlage des Glaubens – zumal die Passionsgeschichte im Licht der glorreichen Auferstehung Jesu endet. Zugleich können die Sieben Schmerzen Mariens jedem katholischen Christen einen neuen Blickwinkel auf die Passion Jesu eröffnen: Das Leben des Herrn in der Heiligen Familie war nicht nur Wirken, Sterben und Auferstehen, sondern ein Prozess von Etappen, Entwicklung, Vorsehung und Mitgefühl.

Die Sieben Schmerzen Mariens sind biblisch fundierte Ereignisse, die Maria in ihrer Rolle als menschliche Mutter der menschgewordenen Natur Christi durchlebte. Für den September empfiehlt die katholische Kirche diese sieben Schmerzen als Leitmotiv für das persönliche Gebet.

Der August – der Herz-Mariä-Monat – neigt sich dem Ende zu. Der Übergang von Maria, der Unbefleckten und Vorbild im Glauben, hin zur Mutter, die unter dem Kreuz trauert, bietet sich somit geradezu an.

Diese Meditation ist möglicherweise selbst für Protestanten interessant, da hier Maria nicht nur als Interzessorin, sondern auch als literarische Figur gesehen werden kann, die eine neue Perspektive auf das Leid Jesu ermöglicht. Vor allem die Kindertage Christi werden auf eine innovative Weise präsentiert, die sich von der Art in der Passionsgeschichte unterscheiden und neue spirituelle Vorteile und Erkenntnisse bieten.

Von der Empfängnis über die Jugend bis hin zum Wirken und Tod Jesu begleiten Maria mütterliche Sorgen und Leiden:

Die sieben Schmerzen

1. Prophezeiung Simeons – Lukas 2,25–35

Acht Tage nach der Geburt wird Jesus von Maria und dem hl. Josef im Tempel dargestellt. Dieser Akt ähnelt in gewisser Weise dem heutigen Taufritus, insofern er ein liturgisches Ritual für das Neugeborene ist. In diesem Moment, in dem Maria nach neun Monaten Schwangerschaft, Wehen und Geburt den Gottessohn im Tempel trägt, trifft sie Simeons Botschaft: „Ein Schwert wird deine Seele durchdringen.“
Hier stoßen Freude und Schmerz zusammen. Der Heilsplan Gottes zeigt sich bereits als Weg, der Leid und Hoffnung miteinander verbindet. Wir erkennen in diesem Schmerz eine tiefe Wahrheit des Glaubens: Christus ist ganz Mensch, wird von seiner Mutter geliebt und ist zugleich von Anfang an der Erlöser, der sein Leben hingibt für die Sünden der Welt.

2. Flucht nach Ägypten – Matthäus 2,13–15

Die Flucht nach Ägypten ist chronologisch zwar vor der simeonischen Prophezeiung passiert, wird bei der Betrachtung der sieben Schmerzen jedoch dahinter angereiht. Dies liegt daran, dass es sich bei der Flucht – anders als bei der Prophezeiung – nicht nur um eine Ankündigung, sondern um tatsächliche körperliche Leiden handelt. Innerliche, prophetische Schmerzen führen den Betrachter zu tatsächlichen, äußerlichen und historischen Schmerzen.
Die Bibelstelle spricht von Hast, vom plötzlichen Aufbrechen bei Nacht, aber auch vom Vertrauen auf die Botschaft des Engels. Die Betrachtung kann als Inspiration dienen, mit der Heiligen Familie – als Mutter, Vater oder rein als Christ – in jeglicher Situation zu sympathisieren und bei Bedrohung oder Nöten Zuflucht und Mut zu finden. Vor einem spontanen Umbruch Halt zu finden und bei neuen Lebenssituationen nicht den Fokus auf den göttlichen Plan zu verlieren.

3. Verlust des zwölfjährigen Jesus im Tempel – Lukas 2,41–50

Maria erlebt die schmerzhafte Distanz, als sie den Sohn nicht bei sich findet. Drei Tage Suche – und Jesu Antwort, die sein göttliches Sendungsbewusstsein zeigt. Hier wird deutlich: Auch die Mutter muss lernen, loszulassen. Dieser Schmerz ist Schule des Glaubens: das Aushalten von Unverständnis, die Bereitschaft, Gott die Führung zu lassen.

4. Begegnung Jesu mit Maria auf dem Kreuzweg – Lukas 23,27–31

Im Blick zwischen Mutter und Sohn verdichtet sich das Geheimnis des Mit-Leidens. Maria kann das Kreuz nicht tragen, doch sie trägt es innerlich mit. Der Schmerz liegt in der Nähe, die nichts lindern kann. So wird sie zum Bild absoluter Treue – bleiben, wo andere weichen.

5. Maria unter dem Kreuz – Johannes 19,25–30

Maria steht unter dem Holz der Erlösung. In diesem Stehen gründet ihr Mitleiden, und zugleich wird sie hier durch Christus zur Mutter der Glaubenden. Der Schmerz ist das Zeugnis der Treue: im Angesicht der Niederlage nicht weichen, sondern lieben. Außer Johannes wurde Jesus am Kreuz von allen Aposteln allein gelassen; sein Ziehvater, der hl. Josef, war bereits verstorben, und Maria steht praktisch allein da. Doch trotzdem weicht sie nicht von Jesu Seite, sondern begleitet ihn bis in den Tod.

6. Maria empfängt den Leichnam Jesu – Lukas 23,50–54 (vgl. Matthäus 27,57–59; Johannes 19,38)

Ein letztes Mal hält Maria Jesus, den Sohn Gottes – jenes Kind, das sie in Bethlehem im Arm hielt. Das Gewicht des toten Sohnes in den Armen ist ein Bild der letzten Hingabe. Der Schmerz verwandelt die mütterliche Liebe in schweigendes Vertrauen. Maria hält den, der das Leben ist, im Tod – und erwartet dennoch Gottes Treue. Die Betrachtung durch die Situation Mariens lässt ein neues Gefühl für die Passionsgeschichte entstehen: Jesus war nicht nur göttlicher Erlöser, sondern auch wahrer Mensch wie wir.

7. Grablegung Jesu – Lukas 23,55–56

Mit dem Verschließen des Grabes wird der Abschied endgültig. Maria bleibt in der Stille des Sabbats, ohne Antwort, ohne Zeichen. Dieser Schmerz ist das Ausharren im Dunkel. Eine Inspiration im Glauben: hoffen, wo es nichts mehr zu hoffen gibt.

Die Zahl sieben steht hier klassisch als Symbol für Fülle und Vollkommenheit: sieben Tage, sieben Plagen, sieben Bitten im Vaterunser. Die gesamte Fülle des Leidens im Leben Jesu – nicht nur in der Passion, sondern von Geburt an – wird dem Gläubigen präsentiert. Denn erst im Mitleid wird ein Verständnis dafür geschaffen, welche Schmerzen Jesu Leben begleiteten. Eine Fülle, die sich dann in der Freude der Auferstehung vollenden kann.

The Crucifixion By Charles Antoine Coypel Iv

Gebetsimpuls

Rosenkranz

Das bekannteste Gebet zu den Sieben Schmerzen Mariens ist der Sieben-Schmerzen-Rosenkranz aus dem 15. Jahrhundert.
Der Rosenkranz besteht aus 7 Abschnitten, jeder Abschnitt meditiert über einen Schmerz:

  1. 1 Vaterunser
  2. 7 Ave Maria mit folgenden Einschüben:
    1. Jesus, dessen Leiden dir zu deinem großen Schmerz von Simeon geweissagt wurde
    2. Jesus, mit dem du zu deinem großen Schmerz nach Ägypten fliehen musstest
    3. Jesus, den du zu deinem großen Schmerz drei Tage lang gesucht hast
    4. Jesus, der dir zu deinem großen Schmerz mit dem schweren Kreuz begegnet ist
    5. Jesus, unter dessen Kreuz du von Schmerzen durchbohrt gestanden bist
    6. Jesus, dessen heiligster Leichnam dir zu deinem großen Schmerz in den Schoß gelegt wurde
    7. Jesus, den du zu deinem großen Schmerz zu Grabe getragen hast
  3. 1 Ehre sei dem Vater

Optional kann man zusätzlich beten:
Die Invokation „O mein schmerzvolles Herz Mariens, bitte für uns“ nach jedem Schmerz.
Gebet am Ende: „O Maria, Mutter der Schmerzen, erbarme dich unser.“

Im Jahr 1724 verlieh Papst Benedikt XIII. der Andacht des Sieben-Schmerzen-Rosenkranzes eine besondere kirchliche Auszeichnung, indem er sie mit Ablässen verband. Damit bestätigte er offiziell, dass dieses Gebet nicht nur eine private Übung, sondern ein vom Lehramt geförderter Weg der Frömmigkeit ist.

Ein Ablass bedeutet nicht die Vergebung der eigentlichen Schuld, die allein im Bußsakrament geschieht, sondern die Erlassung der zeitlichen Sündenstrafen, die nach der Lossprechung bleiben. In einem Ablass wendet die Kirche den Schatz Christi, Mariens und der Heiligen auf die Gläubigen an. Wer den Rosenkranz der Sieben Schmerzen betete und die üblichen Bedingungen erfüllte, konnte so einen Teil- oder vollkommenen Ablass gewinnen, sei es für sich selbst oder stellvertretend für die Armen Seelen im Fegefeuer.

Auch nach der Reform der Ablassordnung 1967 gilt: Das Gebet des Sieben-Schmerzen-Rosenkranzes bleibt ein Weg, an dem der Gläubige durch die Fürsprache Mariens geistliche Früchte empfängt und einen Teilablass gewinnen kann.

Die sieben Schmerzen lassen sich gut auf die sieben Wochentage verteilen. Der 1. September dieses Jahres fällt auf einen Montag, weshalb direkt mit der Meditation begonnen werden kann. Geht man so die Woche durch, endet man sonntags mit der Grablegung und kann in der Kirche den Leib Christi eucharistisch empfangen. So ergibt sich über die Woche hinweg eine Andacht, die über einen längeren Zeitraum zum meditativen Gebet einlädt.

Gebete

Neben dem Rosenkranz kann auch auf andere Weisen dem theologischen Leitmotiv Beachtung geschenkt werden. Dazu bieten sich die folgendne beiden Gebete hervorragend an:

Gebet zum Fest „Unsere Liebe Frau von den Schmerzen“ (15. September)

"Allmächtiger, ewiger Gott,du wolltest, dass neben deinem Sohn, als er erhöht und verherrlicht wurde, auch seine Mutter unter dem Kreuz stand und an seinem Leiden teilhatte. Gib deiner Kirche, dass sie mit Maria an den Leiden Christi teilnimmt, um zur Herrlichkeit der Auferstehung zu gelangen. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
Amen."

Offizielles Gebet der Serviten (Orden, der die Andacht geprägt hat):

"O Gott, in deiner unergründlichen Vorsehung hast du gewollt, dass der selige Jungfrau Maria das Schwert des Schmerzes durch die Seele dringe,als dein eingeborener Sohn am Kreuz hing. Gewähre uns, dass wir, die wir mit ihr das Leiden Christi betrachten,durch sein Leiden und Kreuz zur Herrlichkeit der Auferstehung gelangen. Durch Christus, unseren Herrn.
Amen."

Historische Entwicklung

  • 13. Jahrhundert: Die Serviten (Ordo Servorum Mariae) verbreiteten die Andacht der Sieben Schmerzen und führten den Titel Mater Dolorosa ein.
  • 1667: Papst Clemens IX. genehmigt das „Fest der Sieben Schmerzen Mariens“ für die Serviten.
  • 1727: Papst Benedikt XIII. dehnt das Fest auf die ganze Kirche aus (Freitag vor Palmsonntag).
  • 1817: Papst Pius VII., nach Befreiung aus napoleonischer Gefangenschaft, führt ein zweites Fest am 15. September ein, unmittelbar nach dem Fest Kreuzerhöhung (14.9).
  • 1913: Pius X. legt fest, dass nur noch das Fest am 15. September allgemein gefeiert wird.
  • 1969: Liturgiereform bestätigt den Titel: „Unsere Liebe Frau der Sieben Schmerzen“ (Beata Maria Virgo Perdolens).

Gedenktage im September

3. September Hl. Gregor der Große
4. September Prophet Moses
7. September Heiligsprechung Carlo Acutis
8. September Mariä Geburt
9. September Hl. Petrus Claver
12. September Heiliger Name Mariens
13. September Hl. Johannes Chrysostomus
14. September Kreuzerhöhung
15. September Schmerzen Mariens
16. September Hl. Kornelius und Hl Cyprian
17. September Hl. Hildegard von Bingen
18. September Hl. Josef von Cupertino
21. September Hl. Matthäus Apostel und Evangelist
23. September Hl. Pater Pio, Hl. Linus, Hl. Eltern des Johannes des Täufers
27. September Hl. Vinzenz von Paul
29. September Erzengel Michael Gabriel und Rafael
30. September Hl. Hieronymus

Marientitel für den September

Regina Martyrum (Königin der Märtyrer)
Consolatrix afflictorum (Trost der Betrübten)
Refugium peccatorum (Zuflucht der Sünder)
Mater Ecclesiae (Mutter der Kirche)
Salus infirmorum (Heil der Kranken)
Mater Dolorosa (Schmerzhafte Mutter)

Die Sieben-Schmerzen-Meditation ist ein optimaler Weg, um ein Gefühl für die Passion und die soteriologischen Aspekte des christlichen Glaubens zu entwickeln. Erst durch den Kontrast zum Leid kann das Heil und die Auferstehung strahlen – ein Übergang, der im nächsten Monat, dem Rosenkranzmonat, in einer anderen Form der Betrachtung des Lebens Christi durch seine Mutter weitergeführt wird.

Der eigentlichen Idee, den Blog als Erlebnis-Tagebuch zu nutzen, wird (hoffentlich) in den nächsten Tagen ebenfalls nachgegangen.

In Christo spes nostra;
Einen gesegneten September,
Kuba Stroh

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